Interviews / Publikationen

Vom „Öko-Spinner“ zum gefragten Photovoltaik-Gutachter / Datum: 30-06-2015
Interview mit dem Erneuerbare-Energien-Blog www.solar-umwelttechnik-heizung.de

Thomas Bürger (Foto) aus Hessisch Lichtenau, ist gewiss ein Photovoltaik-Pionier: Seit über 25 Jahren plant, baut, begleitet und begutachtetet der Sachverständige für Photovoltaik und Solarthermie nunmehr Solaranlagen aller Art. Seine Erfahrung bringt er am liebsten bereits in die Konzeption mit ein – immer häufiger ist seine Expertise aber auch bei Rechtstreitigkeiten und vor Gericht gefragt.

Herr Bürger, wie fing das an mit Ihnen und der Photovoltaik?

Schon während meiner Ausbildung zum Elektroinstallateur und Energieanlagenelektroniker bei VW in Baunatal war Solarstrom am Rande ein Thema. 1986, ich hatte gerade ausgelernt, bekam der ganze Themenkomplex Erneuerbare Energie durch die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl eine völlig neue Dynamik – und Ernsthaftigkeit. Ich arbeitete bereits seit Ende der 80er Jahre in der Arbeitsgemeinschaft Solartechnik Kassel mit. Wir haben Solar-Fahrzeuge gebaut, herumexperimentiert mit der neuen Technik, im Vergleich zu heute war das natürlich alles Pionierarbeit. In dieser Zeit haben wir sogar Nordhessens erste Solartankstelle aufgebaut.

Was hat sich seit 1986 bei Photovoltaik und Solarenergie geändert?

Die Technik hat sich in manchen Bereichen, Stichwort Kollektoren oder Wechselrichter, unglaublich in Richtung Effizienz entwickelt. Zudem haben sich die politischen Rahmenbedingungen komplett gedreht. Anfangs hielt man uns für Öko-Spinner, dann kam das erste Erneuerbare Energien Gesetz, und heute ist die PV-Anlage auf dem Eigenheim fast schon eine Pflichtübung.

Hat es im Bereich der erneuerbaren Energien (EE) auch Fehlentwicklungen gegeben?

Ganz klar gab es Fehlentwicklungen. Der Markt war viele Jahre zu stark subventionsgetrieben und der Vollzug des EEG oft chaotisch. Viele PV-Anlagen älterer Bauart – aber entgegen aller Erwartungen auch neuere Baujahre – bleiben ertragsseitig oft deutlich hinter den Erwartungen zurück oder zeigen erheblich bauliche oder technische Mängel. Damit habe ich als PV-Gutachter täglich zu tun.

Wo sehen Sie politisch Handlungsbedarf?

Persönlich ärgert mich, dass das Problem der Speichertechnik trotz EEG und Milliarden-Subventionen noch immer nicht wettbewerbsfähig gelöst ist. Und den vom IWES vorgeschlagenen Ausbau vielbefahrener Autobahnstrecken für solarstrombetriebene Oberleitungs-LKW halte ich für sehr spannend. Insgesamt erwarte ich bald einen deutlich Entwicklungsschub bei den Elektrofahrzeugen.

Hilfreiche Tipps für künftige Bauherren?

Heute muss der wichtigste Tipp lauten: Auf keinen Fall eine billige Anlage kaufen oder ohne Rücksprache mit einem Fachmann im Internet bestellen. Eine Photovoltaikanlage ist einerseits eine energietechnische Einrichtung und erfordert Fachkenntnis. Zudem ist eine PV-Anlage grundsätzlich eine langfristige Investition. Gut beraten und mit einem erfahrenen Handwerker baut man das was man wirklich braucht und sich auch langfristig tatsächlich rechnet.